Zivilcourage

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Zivilcourage

Beitragvon GreatStar » 19 Feb 2011 21:35

Eine wichtige Frage: "Wann ist Zivilcourage angebracht?" In den heutigen Medien ist die Frage aktueller denn je. Man brauch ja nicht die Ereignisse der letzten 48 Monate aufzuzählen.

Lohnt es sich bei einem Streit in der U-Bahn noch dazwischen zu gehen ?
Trotz aller Gefahren selber im Koma zu landen oder nie wieder aufzuwachen ?

Unfallstellen zu sichern, Leute aus Wracks zu ziehen (Bahn, Auto was auch immer) und danach von den Bildern vervolgt zu werden oder selber zu vrebrennen und überfahren zu werden.

Was lohnt sich im Angesicht von großen Unglücken oder sogar massiver Angst, Gewalt und Hass ?
Sollte man nicht zusehen das man seinen eigenen Popo rettet um der eigenen Familie erhalten zu bleiben oder sollte man alles auf eine Karte setzen um etwas zu bewirken und wenn es nur ein schöner Kranz auf seinem eigenem Grab ist ?

Jetzt seid Ihr dran.
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Beitragvon Morc » 19 Feb 2011 22:59

Also bei Unfällen würd ich aufjedenfall zur Hand gehen...da könnt ich nicht einfach wegschauen und weitergehen/fahren. Da brodelt zusehr der Mediziner in mir.

Ich wohne seit 10Jahren in einer Großstadt, bis vor einem knappen Jahr ziemlich im Zentrum nähe Prater, und da konnte man schon einiges erleben.
Weggeschaut hab ich nie und werd ich nie! Die eigene Gesundheit zu riskieren um einen brutalen Streit zu schlichten, den man weder beurteilen noch kontrollieren kann, oder einen bewaffneten Räuber zu stellen wäre jedoch auch dumm...ein Griff zum Handy und den Notruf gewählt...bislang 2 mal der Fall gewesen, in beiden Fällen war die erste Polizeistreife innerhalb von 3min vor Ort, das sind dann die Profis, die sich drum kümmern.

Der Griff zum Telefon = Zivilcourage?
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Re: Zivilcourage

Beitragvon Harbid » 20 Feb 2011 0:14

Interessant, wie kommst du auf das Thema?

Selbstschutz geht natürlich vor, aber das ist keine Ausrede nicht das Zumutbare zutun. Zumindest Hilfe rufen geht immer.
Und Fälle wie der Tod von Dominik Brunner sind zum Glück die ganz große Ausnahme.

Davon abgesehen kann man ohne großen Aufwand und Eigengefahr auf viele Arten anderen Menschen sehr weiterhelfen, ein paar Beispiele die mir einfallen:

- Man kann sich typisieren lassen, vielleicht kommt man ja für einen armen Menschen als Knochenmarkspender in Frage. Das Typisieren ist überhaupt kein großer Aufwand, und falls man als Knochenmarkspender in Frage kommt kostet einen das ganze vielleicht ein- oder zwei Tage Zeit, rettet aber irgend einer armen Sau, deren letzte Hoffnung man ist das Leben. Infos gibt es unter: http://www.dkms.de/

Davor braucht man keine Angst haben. Und vielleicht ist man ja selbst einmal auf eine Knochenmarkspende angewiesen, da würdet ihr es auch gerne sehen wenn sich jemand zwei (!) lächerliche Tage Zeit nimmt damit ihr weiter leben könnt.

- Man kann sich entscheiden Organspender zu werden, alles was das kostet ist sich ein wenig mit seiner eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen. Dafür kann ein Organspender bis zu 9 (!) Menschen das Leben retten. Auch man selbst könnte eines Tages auf eine Organspende angewiesen sein. Infos unter: http://www.organspende-info.de/

- Man kann seine Erste-Hilfe Kenntnisse auffrischen, so dass man als Ersthelfer nicht völlig ratlos dasteht. Der Erste Hilfe Schein braucht ein Wochenende alle zwei Jahre.

- Wer ein wenig mehr Zeit und Lust hat kann sich ja ehrenamtlich engagieren. Z.b. in einer freiwilligen Feuerwehr (Hallo Rovik!), in einer SAN-SEG z.B. beim DRK, den Johannietern oder dem MHD, oder wie meine Wenigkeit beim Technischen Hilfswerk ( http://www.thw.de ; http://www.thw-goettingen.de ). Oder auch bei einem anderen Gemeinnützigen Verein. Das hat natürlich auch den Vorteil das man Leute kennenlernt und auch die Geselligkeit meist nicht zu kurz kommt.

Ergänzende Vorschläge wie man die Welt ein klein wenig besser machen kann sich höchstwillkommen!

GreatStar hat geschrieben:Unfallstellen zu sichern, Leute aus Wracks zu ziehen (Bahn, Auto was auch immer) und danach von den Bildern vervolgt zu werden oder selber zu vrebrennen und überfahren zu werden.


Mmmh, schwieriges Thema...ich kann mich noch genau an jeden Einsatz den ich in der FF oder mit dem THW hatte bei denen Menschen zu Tode gekommen sind erinner. Jeder geht damit anders um. Mir ging es bisher immer so das ich in den folgenden Tagen nach so einem Einsatz immer recht viel darüber nachgedacht habe. Nach zwei oder drei Tagen legt sich das dann aber auch immer. Geträumt habe ich von vergangenen Einsätzen noch nie und schlafen konnte ich danach auch immer gut.
Ich sag mir dann halt immer dass wenn statt an der Einsatzstelle zu sein zuhause vorm Fernseher sitzen würde, würde es vor Ort dennoch genauso aussehen und es wäre genauso tragisch.

Schon fieser wird es wenn andere Einsatzkräfte während des Einsatz zu Schaden kommen. Das hatte ich erst zwei mal, wobei ich die Leute aber auch nicht näher kannte; beim zweiten mal nur bei Vornamen und nur von zwei Einsätzen und ein paar Gesprächen während des Einsatzes.

Das ist schon härter, weil man fühlt sich ja schon irgendwie zusammengehörig, ob Polizei, Feuerwehr, THW oder Rettungsdienst. Bei der Sache letztes Jahr waren dann noch bei der Trauerfeier für die Getöteten wo man dann auch deren Familien gesehen hat, das war schon wesentlich schwerer zu verdauen.

Froh bin ich das ich noch keinen Einsatz hatte wo Kinder zu Schaden gekommen sind und auch niemand den ich näher kannte.

Wie gesagt, schwieriges Thema, für jeden ist das anders, und wer weiß schon wie es einem das nächste mal ergeht...
Zuletzt geändert von Harbid am 20 Feb 2011 16:49, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Rovik » 20 Feb 2011 11:26

Also ich kann Morc und Harbid nur voll zustimmen.

Speziell Harbids Hinweis auf Knochenmark- und Organspende sowie freiwillige Auffrischung der Erste Hilfe-Kenntnisse finde ich super, dem ist kaum was hinzuzufügen. Hier kann man mit relativ wenig Aufwand helfen. Speziell beim Thema Erste Hilfe hört man oft, das sich die Leute nicht trauen etwas zu machen, weil sie Angst haben etwas falsch zu machen. Da hört man auch vielfach die Aussage: ".. mein Erste Hilfe-Kurs is doch scho so lang her.." Aber das Problem kann man ja eigentlich leicht selbst beseitigen.

Eine Möglichkeit möcht ich aber noch ergänzend anführen: Blutspenden. Da herrscht auch immer wieder mal Mangel.

Wie man in einer konkreten Situation dann wirklich hilft, muss man immer kurzfristig abschätzen. Man muss sich ja nicht selbst in Gefahr. Das beste Beispiel ist hier immer der Nichtschwimmer, von dem man nicht erwarten kann, das er selbst einen Ertrinkenden rettet.

Was man aber von jedem erwarten kann ist, das man zumindest professionelle Hilfe holt. Handys sind heutzutage meist verfügbar und wenn man selbst keines besitzt findet man oftmals jemand, der eines hat. Und der Notruf ist ja kostenfrei, man braucht nicht mal einen PIN für's Handy.

Zivilcourage ist auch, sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen, wenn man selbst z. B. bei einer Schlägerei nicht ohne sich zu gefährden eingreifen kann. Wie ist die Situation entstanden, wer hat begonnen, wer war beteiligt? Diese Fragen ohne Zeugen zu klären stellt oftmals ein großes Problem für die Justiz dar und wenn jemand wertvolle Hinweise liefern kann verhindert man dadurch möglicherweise zukünftige Straftaten.


Zum Thema mit den schrecklichen Bildern möcht ich noch anmerken das ich in meiner jetzt nun schon 19jährigen Tätigkeit in der Feuerwehr schon einige üble Sachen gesehen hab, mich aber noch nichts wirklich verfolgt hat. Ich kann mir zwar Situationen bewusst ins Gedächnis zurückrufen, aber ich kann nicht behaupten das sie mich verfolgen.
Nun gut, bislang waren auch keine Verwandte, Bekannte oder Kameraden von mir betroffen. Da weiß ich natürlich nicht wie ich auf so was reagier. Bei Fremden ging das bisher problemlos.
Ich versuch halt im Vorfeld jede Möglichkeit zur Weiterbildung zu nutzen, geb im Einsatz mein Bestes und mach mir bewusst, das es nun einfach mal Situationen gibt, in denen man einfach nichts mehr machen kann.

Aber da reagiert jeder anders, auch ich kenne Feuerwehrler, die lieber bei einem Verkehrsunfall die Straße absperren oder am Funkgerät bleiben als an vorderster Front mit Spreizer und Schere eine Person aus dem Auto schneiden. Und das ist auch in Ordnung. Jeder macht das, was er kann und was er sich zutraut.

Es wird immer ein gewisses Restrisiko geben, egal ob für einen "Zivilisten" oder für einen "professionellen Retter". Man sollte sich halt vor Augen halten das man selbst vielleicht auch mal Hilfe benötigt und dann froh ist, wenn jemand mit Zivilcourage in der Nähe ist.

Nur eine Sache ist immer falsche: Nichts zu machen und wegzuschauen!!!

lg

Rovik
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Beitragvon Mike » 25 Feb 2011 7:03

DKMS -> Haken dran - erledigt

Organspendeausweis -> Haken dran - ist im Geldbeutel

Tut nicht weh, verlangt kaum etwas von einem selber, kann aber im Fall der Fälle Menschen richtig helfen.
Und wenn ich sterbe, bin ich einfach nur froh, dass es einen Sinn haben kann und jemandem das Leben erleichtern kann.

Beim Thema helfen bei Prügeleien... bis jetzt hatte ich erst zwei solcher Erfahrungen. Einmal hat ein türkischer Familienvater seine ~20 Jährige Tochter mitten auf der Straße mit Schlägen vor sich hergetrieben.

Da hat ein bisschen Anbrüllen gereicht und er hat sich verpisst.. leider hat ihn die Tochter danach nicht angezeigt. :/

Das zweite Mal war es eine Prügelei von zwei Pennern .. da war es nötig etwas handgreiflicher zu werden, aber war kein Problem, da sobald sich mal einer in Bewegung setzt, zumindest im diesem Fall, die Umstehenden helfen.

Ich hätte ehrlichgesagt mehr Angst davor, wovon ich träume wenn ich nicht helfe.... wenn Leute vor meinen Augen etwas passiert, weil ich nur dumm dagestanden bin.
Das hört sich Selbstgerecht an, aber ich habe mir vorgenommen immer zu helfen - auch wenn es mal gegen die vielbeschworene 5er Gruppe Halbstarker geht.

Fairerweise muss man aber auch sagen, niemand weiß wie er reagieren wird.. vielleicht stehe ich auch wie eine Salzsäule da und kann mich nicht bewegen und helfen.. aber zumindest vornehmen kann man es sich ja.

Liebe Grüße
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Beitragvon Turry » 25 Feb 2011 16:52

Ich muss sagen das mich Harbid´s Post mit dem typisieren echt nachdenklich gemacht hat. Denke mal das, sobald ich 50 Euro übrig habe, ich mich dort mal anmelden werde..

Edit:

Habe gerade gesehen das man das Geld garnicht zahlen muss! Habe mich und meine Frau dort registriert.
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Beitragvon Jule » 25 Feb 2011 17:32

Turry hat geschrieben:Ich muss sagen das mich Harbid´s Post mit dem typisieren echt nachdenklich gemacht hat. Denke mal das, sobald ich 50 Euro übrig habe, ich mich dort mal anmelden werde..

Edit:

Habe gerade gesehen das man das Geld garnicht zahlen muss! Habe mich und meine Frau dort registriert.


:thump: Zahlen muss man es nicht, das ist richtig ... aber es wäre schön, wenn man dann mal einen Zehner übrig hat dorthin spendet ... Ich hatte zu dem Zeitpunkt, wo ich mich registriert habe auch die 50 Euronen nicht übrig und erstmal 25 überwiesen und dann einfach später nochmal was.
„Menschen denken ständig über andere nach und darüber, was andere über sie denken und was andere denken, dass sie über andere denken usw. Man fragt sich, was nun in den anderen vorgehe, man wünscht oder fürchtet, dass andere Leute wissen könnten, was in einem selbst vorgeht“
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Beitragvon Harbid » 25 Feb 2011 18:39

Es wird gerne gesehen dass man die Kosten der Typisierung (ca. 50€) auch spendet, aber man muss nicht bezahlen.

Ich hab gerade gesehen dass mitlerweile sogar nicht mal mehr Blut entmommen werden muss für die typisierung. Man kann sich ein Set für einen Speichelabstrich sogar nach Hause schicken lassen.
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Beitragvon Mike » 26 Feb 2011 11:52

Harbid hat geschrieben:Ich hab gerade gesehen dass mitlerweile sogar nicht mal mehr Blut entmommen werden muss für die typisierung. Man kann sich ein Set für einen Speichelabstrich sogar nach Hause schicken lassen.


/this!
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Beitragvon Majeh » 26 Feb 2011 12:42

Ich geb euch allen soweit Recht, allerdings würd ich bei Schlägereien grundsätzlich vorsichtig sein, ganz besonders wenn man selbst keine Ausbildung + Erfahrung mit solchen Situationen hat. Es ist verdammt schwer heut zutage entsprechende Täter einzuschätzen und da kann es dann auch mal ganz schnell passieren das einer oder mehrere der Beteiligten eine Waffe ziehen (ich meine eher ein Messer als eine Schusswaffe).

Deshalb hab ich mir zur Regel gemacht, immer erst Notruf absetzen, und erst im nächsten Schritt eingreifen, dabei allerdings immer versuchen noch andere potenzielle Helfer zu animieren.
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Beitragvon Pain » 26 Feb 2011 13:44

Als ich 2002 in Afghanistan war gab es sehr oft solche Situationen, es wurde auf einen selbst geschossen, man hat zurück geschossen, man hat getötet... Ich habe mich selber immer damit gerechtfertigt, indem ich mir immer wieder gesagt habe, dass ich mich nur verteidigt habe. Wir haben nie zu erst geschossen!
Auch nach den Einsätzen gab es Psychologische Unterstützung, einmal durch Ärzte, einmal durch eigene Kameraden. Aussprache über das was passiert ist, wie jeder für sich damit umgeht hat echt geholfen. Schlimm war es immer dann, wenn ein Kamerad verletzt oder gar getötet wurde... Da kamen einem selbst schon so eineige Gedanken hoch, wie vergänglich das Leben sein kann.
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Beitragvon Majeh » 26 Feb 2011 15:40

Pain hat geschrieben:Schlimm war es immer dann, wenn ein Kamerad verletzt oder gar getötet wurde... Da kamen einem selbst schon so eineige Gedanken hoch, wie vergänglich das Leben sein kann.


Das stelle ich mir auch immer als das Schlimmste vor, ich habe mal von einem Bekannten (Feuerwehr) gehört, das er an eine Unfallstelle kam wo ein schwerer Verkehrunfall war und er mit seinen Kollegen einen schwer Verletzten aus nem Wrack schneiden musste, hinterher stelle sich heraus das es sein Neffe war, den er dort zum Glück retten konnte.

In solchen Situationen möchte ich nicht mit den Einsatzkräften tauschen, sondern im Gegenteil ich habe vollsten Respekt für deren Arbeit! Denn ich könnte mir nicht vorstellen wie ich in solch einer Situation reagieren würde.
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